Der Gesetzesentwurf sieht weitreichende Änderungen in der Abgabenordnung vor allem in Bezug auf die Außenprüfung vor. Zudem plant der Gesetzgeber die Einführung eines Plattform-Meldegesetzes. Zu den einzelnen Änderungen hat die DSTG Bund nun Stellung genommen.

Allgemeines                                                                                                                                                                      Nur mit einer gleichmäßigen Anwendung des Steuerrechts können Steuergerechtigkeit und faire
Wettbewerbsbedingungen, die einen entscheidenden Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft
darstellen, gewährleistet werden. 
Der Steuerverwaltung kommt daher mit dem verfassungsrechtlich verankerten Prinzip der Verifikation eine besondere Rolle im Staat zu. Dieses Prinzip gilt es bei der Beurteilung des vorliegenden Referentenentwurfs zu Grunde zu legen.

A. Plattformen- Meldepflicht- und Informationsaustauschgesetz
Der Kampf für Steuergerechtigkeit erfordert mittlerweile nicht nur nationale, sondern auch internationale Maßnahmen. Gerade die Verlagerung bzw. Ausweitung der Märkte in den digitalen Raum erfordert neue Handlungsmöglichkeiten für die Finanzverwaltung zur Ermittlung und Durchsetzung von Steueransprüchen. Es ist derzeit kaum möglich, auf steuerlich relevante Daten von Anbietern auf digitalen Plattformen zuzugreifen. Grenzüberschreitende Sachverhalte – gerade auch unter der Beteiligung von nicht kooperativen Staaten – erschweren zudem die Erkennung und Überprüfung verwirklichter Steuertatbestände. Die DSTG rechnet derzeit mit einem jährlichen Steuerausfall im europäischem Plattformhandel von mehreren Milliarden Euro. Mit der Umsetzung der DAC 7 Richtlinie in nationales Recht sollen digitale Geschäftsmodelle nun transparenter gestaltet werden. Digitale Plattformbetreiber sollen dafür in die Pflicht genommen werden, Auskunft über erzielte Einnahmen der Anbieter zu erteilen. Darüber hinaus ist eine Verbesserung des zwischenstaatlichen Informationsaustausches vorgesehen. Die DSTG begrüßt die Einführung eines Stammgesetzes. Insbesondere erachtet die DSTG die im
Gesetz enthaltenen Sanktionsmöglichkeiten als enorm wichtig.

Mehraufwand für die Finanzverwaltung
Der Referentenentwurf geht zutreffend davon aus, dass durch das geplante Gesetz für die Finanzverwaltung ein  ehraufwand entsteht, ohne diesen näher zu quantifizieren. Die erforderlichen Strukturen müssen deutlich vor  Inkrafttreten des angestrebten Gesetzes geschaffen werden, um eine erfolgreiche Umsetzung der Neuregelungen zu gewährleisten. Die DSTG geht hierbei von einem Personalmehrbedarf von mindestens zehn zusätzlichen Stellen im Bereich des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) aus. Da der Bund sowohl die Gesetzgebungsbefugnis für
das geplante Stammgesetz gemäß Art. 108 Abs. 5 GG hat, als auch über den Personalhaushalt des Bundeszentralamtes für Steuern entscheidet (Art. 108 Abs. 1 S. 2 GG), sind nach Auffassung der DSTG die Stellen im Gleichklang mit dem Gesetz in den geplanten Haushalt des Jahres 2023 einzustellen. Aber auch auf Länderseite sollte dem durch die Auswertung der Daten zwangsläufig entstehenden Personalmehrbedarf Rechnung getragen werden.

EDV
Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung wird aus Sicht der DSTG die Entwicklung und
Implementierung einer Software zur Entgegennahme und Übermittlung von Informationen meldepflichtiger Plattformbetreiber sein. Der Prozess ist zeitkritisch, da im Jahr 2024 bereits ein leistungsstarkes System zur Verfügung stehen muss. Ohne ein Solches können die Ziele der DAC 7 Richtlinie und damit des geplanten Gesetzes nicht erreicht werden. Die DSTG fordert daher, die hierfür notwendigen finanziellen Mittel in den Haushaltsplan 2023
mit aufzunehmen.

Plattformbetreiber
Die ausschließliche Verpflichtung von Plattformbetreibern ist kritisch zu bewerten, da es zu Ausweichbewegungen von Steuerpflichtigen auf eigene Websites und Onlineshops kommen kann. Die Kolleginnen und Kollegen haben derartige Ausweichbewegungen krimineller Steuerpflichtiger bereits nach der Einführung des § 25e UStG beobachtet.
Der vorliegende Referentenentwurf entschärft dieses Problem nicht, sodass aus Sicht der DSTG weitere Maßnahmen und Instrumente erforderlich sind.


B. Modernisierung des Steuerverfahrensrechts
Die steuerliche Betriebsprüfung nimmt im verfassungsrechtlich verankerten Prinzip der Verifikation eine ganz besondere Bedeutung ein. Im Jahr 2020 waren in Deutschland insgesamt 12.664 Prüferinnen und Prüfer tätig und haben steuerliche Mehrergebnisse von 11,2 Milliarden Euro festgestellt.
Die Modernisierung und Flexibilisierung der Betriebsprüfung war die vergangenen Monate regelmäßig Gegenstand von Diskussionen in der Fachwelt. So soll einerseits dem Wunsch Steuerpflichtiger, frühzeitig Rechtssicherheit zu erlangen, entsprochen und andererseits die Durchsetzung etwaiger Steueransprüche gewährleistet werden.
Viel Beachtung fand in diesem Zusammenhang der Vorschlag, die in § 171 Abs. 4 AO geregelte Ablaufhemmung vollständig wegfallen zu lassen, um so die Betriebsprüfung zu beschleunigen und frühzeitig Rechtssicherheit eintreten zu lassen. Dieser Ansatz ist jedoch in der Praxis nicht realisierbar, da die Steuerpflichtigen die einzureichenden Unterlagen oftmals nicht rechtzeitig vorlegen, komplexe Sachverhalte zwischenstaatlich abgestimmt werden müssen, bei Großbetrieben häufig Bundesbetriebsprüfer einzubinden sind und nicht zuletzt das notwendige Personal fehlt.
Zudem steht fest, dass bei einer steuerehrlichen Bilanz der Abschlusszeitpunkt der Betriebsprüfung nicht  entscheidend sein kann, da es allenfalls zu marginalen Änderungen kommt. Die im Referentenentwurf nun vorgeschlagene Begrenzung der Ablaufhemmung im Sinne des § 171 Abs. 4 AO auf fünf Jahre stellt einen Kompromiss dar.
Bereits die Umsetzung dieses Kompromisses wird die Steuerverwaltung vor eine gewaltige Herausforderung stellen.

Kooperative Prüfungsansätze
Die in § 199 Abs. 2 AO vorgesehene Ergänzung knüpft an die freiwillige Kooperation von Steuerpflichtigen und Finanzbehörden an. So sollen regelmäßige Gespräche über festgestellte Sachverhalte und steuerliche Auswirkungen zu mehr Transparenz führen. Neben dem § 199 Abs. 2 AO ist die DSTG für weitere Initiativen auf dem Gebiet kooperativer
Prüfungsansätze offen. Dies können einerseits vertragliche Vereinbarungen zwischen Steuerpflichtigen und Steuerverwaltung sein, andererseits können es aber auch neue Prüfungsmethoden sein, um sich die in den Betrieben häufig vorhandenen Tax Compliance Management Systeme zu Nutze zu machen. Auch das von der OECD initiierte Projekt „ICAP“ (International Compliance Assurance Programme), bei dem sich multinationale Unternehmen in bestimmten Bereichen einer Risikobewertung unterziehen, um Vertrauen bei den Finanzverwaltungen zu schaffen und frühzeitig Rechtssicherheit zu erlangen, wird in Deutschland zukünftig umzusetzen sein.
Zudem gilt es, für die Betriebsprüfung einen bisher noch nicht umgesetzten Teil der DAC 7 Richtlinie – die „Weiterentwicklung“ der sogenannten Joint Audits – umzusetzen. Gerade bei grenzüberschreitenden Unternehmen erlangt die internationale Zusammenarbeit der Steuerbehörden zunehmend an Bedeutung. Der entsprechende Artikel 12a der DAC 7 Richtlinie mit der Überschrift „gemeinsame Prüfungen“ ist bis spätestens 01.01.2024 in deutsches Recht umzusetzen.
Insgesamt fordert die DSTG im Hinblick auf kooperative Prüfungsansätze eine echte Weiterentwicklung an die moderne Welt.

Standardisierte Verfahren
Mit der Einführung eines § 147b AO soll die Vorgabe einheitlicher digitaler Schnittstellen und Datensatz-beschreibungen für den standardisierten Export von Daten ermöglicht werden. Der damit verbundene Umstellungsprozess mag bei Unternehmen zunächst auf Widerstand stoßen, führt jedoch langfristig zu einer effektiven und zeitsparenden Arbeitsweise. An dieser Stelle fordert die DSTG einen gesetzlich verankerten Zeitpunkt, bis zu dem die geplanten Maßnahmen in der Praxis umzusetzen sind.

Mobiles und flexibles Arbeiten

Mobile Arbeitsformen  gewinnen in der heutigen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung. Der Umgang mit sensiblen Daten stellt in diesem Zusammenhang eine Herausforderung dar. In der Praxis war man sich bisher noch unsicher, ob Außenprüfungen auch in mobiler und flexibler Arbeit durchgeführt werden dürfen. Die hierzu in § 200 Abs. 2 S. 2 AO des Referentenentwurfes vorgesehene gesetzliche Klarstellung sorgt für Rechtssicherheit und wird von der DSTG befürwortet.

Dokumente zum Download:

Gesetzesentwurf

Stellungnahme der DSTG Bund