Politische Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil der gewerkschaftlichen Betätigung. Daher trafen sich am 19. Oktober 2022 der DSTG-Landesvorsitzende Oliver Thiess, der stellv. Landesvorsitzende André Drenske, der Landesjugendvorsitzende Philipp Müller und die stellvertretende DSTG-Landesjugendvorsitzende und stellvertretende GJAV-Vorsitzende Jasmin Mergel zum Gespräch mit Julia Schneider, Sprecherin für Verwaltung, Personal und Haushalt und André Schulze, Sprecher für Haushalt und Finanzen. Gerne ist die DSTG der Einladung, die vom Vertreter der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin auf dem Steuer-Gewerkschaftstag ausgesprochen wurde, nachgekommen. Die Themenpalette reichte von der aktuellen Stellen- und Personalsituation in der Berliner Steuerverwaltung, über die Ausbildung bis hin zur Grundsteuerreform.
Besonderes Interesse auf Seiten der politischen VertreterInnen lag beim Thema Ausbildung und Einstellung, insbesondere unter Pandemiebedingungen. Gut, dass die beiden JugendvertreterInnen Experten sind. Die Fragen der Grünen Fraktion konnten hilfreich und erschöpfend beantwortet sowie die Standpunkte der DSTG hinreichend klar erläutert werden.
Gerade die pandemische Situation zeigte die Schwächen der Digitalisierung in der Ausbildung, sowohl in der theoretischen als auch in der praktischen. Neben den Schwierigkeiten, die das verstärkte Selbststudium in dieser Zeit mit sich bringt, fehlt den neuen KollegInnen auch ein erheblicher Teil berufspraktischer Erfahrung, den sie sich jetzt mühevoll erarbeiten müssen. Ein Kraftakt für alle KollegInnen in den Finanzämtern.
Auch das Thema Gewichtsdiskriminierung wurde angesprochen. Von den VertreterInnen des Abgeordnetenhauses wurde die Ansicht der DSTG geteilt, dass die starke Fixierung auf den BMI bei der Verbeamtung ein großer Fehler ist. Hier konnten wir unsere Erfahrungen aus der praktischen Gewerkschafts- und Personalratsarbeit in den Finanzämtern einbringen. Die gesundheitliche Eignung ist nach dem Landesbeamtengesetz notwendige Voraussetzung für die Berufung ins Beamtenverhältnis. Aus Sicht der DSTG führen aber fehlende einheitliche Untersuchungsgrundsätze zu einer Ungleichbehandlung der KollegInnen bei der Frage, ob eine Ernennung in ein Beamtenverhältnis erfolgt oder nicht. Die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hatten zu diesem Thema bereits eine schriftliche Anfrage an die Senatsverwaltung für Finanzen gestellt, zu deren Antwort wir als DSTG ebenfalls Stellung genommen haben. Die VertreterInnen der DSTG verdeutlichten auch nochmal, dass aus ihrer Sicht bei der Verbeamtung auf Probe auf einen Großteil der amtsärztlichen Untersuchungen verzichtet werden kann. Dadurch werden wieder Kapazitäten für dringend benötigte Einstellungsuntersuchungen frei.
Hinsichtlich der Grundsteuerreform wies die DSTG auf die fehlende Information der Grundstücksbesitzer hin. Andere Bundesländer hatten da bessere Lösungen als Berlin. Dies führte zu einem erheblichen Arbeitsanstieg in den Infozentralen und den Bewertungsstellen der Finanzämter. Der Beratungsbedarf war und ist weiterhin enorm und stellt Bürger, Steuerberatung und Finanzverwaltung vor große Herausforderungen. Die allgemeine Fristverlängerung zur Abgabe der Grundsteuerwerterklärung, eine Forderung der DSTG, die von der Politik erfüllt wurde, konnte zwar den Andrang etwas abmildern, ist jedoch nur eine Hilfe auf Zeit. Jetzt dürfen die Finanzämter von der Senatsverwaltung für Finanzen nicht allein gelassen werden. Den KollegInnen in den Bewertungsstellen sind jetzt Werkzeuge an die Hand zu geben, um die Aufgaben erfolgreich zu bewältigen.
Stellen- und Personalsituation sind ein ständiger Begleiter in diesen Gesprächen. Die VertreterInnen der DSTG machten nochmal auf den eklatanten Personalunterbestand in den Finanzämtern aufmerksam. Um diesem etwas entgegenzusetzen, ist ein Zusammenspiel von Quereinstieg und Ausbildungsinitiative erforderlich. Die bereits eingestellten QuereinsteigerInnen sind, sofern noch nicht erfolgt, schnellstmöglich unbefristet zu beschäftigen. Sie sind gerade in den Bewertungsstellen eine große Unterstützung des bereits vorhandenen Personals. Ihnen ist von Arbeitgeberseite eine Zukunft in der Verwaltung zu bieten. Um genug AnwärterInnen für die Steuerverwaltung zu gewinnen, ist eine große Werbekampagne notwendig. Ausbildung und Studium in der Steuerverwaltung sind in der Bevölkerung noch zu unbekannt. Unserer Erfahrung zeigen, dass ein Großteil der neuen KollegInnen Familie und Bekannte in den Finanzämtern haben und nur dadurch auf das Angebot aufmerksam geworden sind.
Da der Austausch für beide Seiten sehr konstruktiv war, beabsichtigen DSTG und Bündnis 90 / Die Grünen die Gespräche im neuen Jahr fortzuführen.
v.l.n.r.: André Schulze, Oliver Thiess, Philipp Müller, Jasmin Mergel, André Drenske und Julia Schneider